Fachtagung 29.01.2014 Ver.di und VDS
Fachtagung Bewährungshilfe von VER.DI und VDS
Sicherheit mit Risiko?
Berufliches Handeln als soziale Arbeit oder soziale Ausgrenzung?
am 29.01.2014 in Hannover
Abschlusserklärung
Durch die allgemeine Debatte über Schutz und Sicherheit der Gesellschaft und die Gefährdung durch Straftaten und Straftäter ist das Thema „Risiko" zu einem immer gegenwärtigeren Begriff in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben geworden. Dies hat auch die Sozialarbeit im Arbeitsbereich der Bewährungshilfe erreicht und in Niedersachsen zu einer rein risikoorientierten Arbeitsweise seit dem 01.06.2012 geführt.
Unter Beteiligung von Prof. Michael Lindenberg, Hamburg, und Prof. Ralf Bohrhardt, Coburg, haben sich 105 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Justizpolitiker am 29.01.14 in Hannover zu o.a. Thema mit dem massiven Paradigmenwechsel der letzten 2 Jahre im Arbeitsbereich der niedersächsischen Bewährungshilfe von der lebenslagenorientierten zur risikoorientierten Arbeitsweise auseinander gesetzt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass großer Veränderungsbedarf besteht und fordern einstimmig vom Justizministerium und der Leitung des AJSD:
- die Rückkehr zur ressourcenorientierten individuellen Sozialarbeit auf der Grundlage eines wertschätzenden Umgangs mit den Klientinnen und Klienten; Abschaffung der Kategorisierung von Probandinnen und Probanden in Risikogruppen und Aufhebung von HiP und KUP
- eine Stärkung der Beziehungsarbeit sowie die zwingend notwendige Berücksichtigung der Besonderheiten der Jugendbewährungshilfe
- die Rückbesinnung auf das Leitbild der dritten Qualitätsstandards 2003 unter Abgleich der gesetzlichen Vorgaben (u.a. § 56 d StGB, § 24 III JGG)
- ein Moratorium für die Durchführung weiterer QueSD-Maßnahmen, Stopp der Fortbildungsreihe Deliktrekonstruktion für Multiplikatoren, vorläufige Wiedereinsetzung der dritten Qualitätsstandards aus dem Jahr 2003
- die Einleitung eines basisdemokratischen Qualitätsentwicklungsprozesses und Erarbeitung praxistauglicher Qualitätsstandards unter wissenschaftlicher Begleitung, Wahl der Qualitätsbeauftragten, Qualitätsstandards als Reflexionsmedium der eigenen Arbeit und nicht als Verwaltungsvorschrift
- die Berücksichtigung der Interessen der Auftraggeber vor dem Hintergrund gesetzlicher Vorgaben
- die Einführung einer Fallobergrenze
- die Durchführung des nächsten Tages der Sozialen Dienste zum Ist-Zustand der Arbeitsbereiche im AJSD und zu erforderlichen Veränderungen
- die Aufhebung der verpflichtenden Vermischung der Arbeitsbereiche und das Zulassen von Schwerpunktbildungen
- die Abschaffung der Begriffe „Sachbearbeiter" sowie „Justizsozialarbeiter" und die Wiedereinführung der Bezeichnungen „Bewährungshelfer" und „Gerichtshelfer"
- die Beachtung von Inhalt und Grenzen der Profession Soziale Arbeit
- den Austausch über die Anliegen der Praxis mit Leitung und fachlicher Leitung des AJSD sowie dem MJ
- eine Verbesserung der Kommunikationsstruktur, Führung eines fachlich-kritischen Dialogs, ohne bei unterschiedlicher Auffassung als illoyal zu gelten
- einen wertschätzenden Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen durch Abteilungsleitung und Bezirksleitungen, Schulungen in Personalführung
- die Stärkung der Eigenverantwortung der Kolleginnen und Kollegen und den Abbau von Hierarchie
- den Abbau von Verwaltungsvorgaben, bürokratischen Überregulierungen und betriebswirtschaftlichen Denkweisen im Bereich der Sozialarbeit
- die „Entschlackung" der Fachanwendung SoDA und Umbau zum praktischen Hilfsmittel für die tägliche Arbeit
- eine Mitarbeiterbefragung zur Arbeitszufriedenheit
Hannover, den 29. Januar 2014
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachtagung:
Regina Stein VER.DI/Willy Spettmann VER.DI/ Dirk Blume VDS
Weitere Informationen finden sich im Bereich Downloads und unter
www.borhardt.de