Weihnachtsbrief
29. Dezember 2016
Liebe Kollegin, lieber Kollege,
jede Tradition hat ein Ende und in diesem Jahr hat es den VDS-Weihnachtsbrief erwischt. Er hat es einfach nicht bis Weihnachten geschafft. Umso herzlicher wünschen wir nach einer hoffentlich ruhigen Weihnachtszeit im Kreise der Lieben alles Gute für 2017!
Es ist uns nicht verborgen geblieben, dass die Zeiten für unsere Klientel härter geworden sind. Innerhalb der Gesellschaft sind die Angst vor irrealen Risiken und der Gedanke der Punitivität gewachsen. Gleichzeitig wird die wirtschaftliche Situation besonders für die Probandinnen und Probanden schwieriger. Das Prinzip der Zeitarbeit macht den Menschen jederzeit abrufbar und beliebig austauschbar. Zudem kommt es bei ALG II wegen Pflichtversäumnissen zu Kürzungen oder sogar zur kompletten Streichungen von Leistungen.
Beim Jobcenter erleben wir häufig eine Stringenz bei Sanktionen, welche die Sicherung der Lebensgrundlage manchmal sehr schwer macht. Und wir stellen fest, dass eine Verhaltensänderung damit auch nicht erreicht werden kann. Denn Sanktionen verbessern Alltagstauglichkeit erfahrungsgemäß nicht. Vielmehr werden Schulden und Probleme oft nur größer.
Und dann haben Probandinnen und Probanden uns gegenüber auch noch eine „Bringschuld“. Neben der Straffreiheit müssen sie Auflagen erfüllen, Vereinbarungen und Termine einhalten sowie auch ihr Verhalten ändern. Für viele nicht ganz einfach. Manchmal können wir gut nachvollziehen, dass Gewohntes nicht so leicht zu ändern ist, wenn wir uns z.B. selbst damit herumschlagen, das Rauchen abzugewöhnen. Und häufiger ist es mehr als eine „schlechte“ Gewohnheit, die verändert werden muss. Oft sind es fehlende Kompetenz und widrige Umstände.
Zum Glück haben wir in Bewährungs- und Gerichtshilfe Räume, die wir nutzen können, bevor wir das Gericht oder die Staatsanwaltschaft informieren und Sanktionen erfolgen. Wir können eine ganze Menge versuchen, die Klientinnen und Klienten darin zu unterstützen, die Bewährungszeit doch noch positiv zu gestalten oder Haft durch die Wiederaufnahme von GA zu verhindern. Manchmal wirken neue Impulse z.B. durch einen Hausbesuch oder auch einfach nur Geduld ja auch Wunder.
In diesem Sinne möchten wir nicht nur mit Blick auf die vergangenen Weihnachtstage für unsere „Abholschuld“ werben. Wenn es die Probandinnen und Probanden eben hier oder da nicht „bringen“, dann brauchen sie vielleicht mehr Unterstützung und Langmut und müssen auch einmal mehr „abgeholt“ werden. Jede und jeder auf seine Weise.
Die Bewährungsbeziehung ist mit ihrer Verbindlichkeit eine ganz besondere und wir haben die Möglichkeit, nicht locker zu lassen, auch wenn die Probandinnen und Probanden ihren Kredit vielleicht schon verspielt haben. Denn Haft kann immer nur die Ultima Ratio sein und nie eine „normale“ Reaktion auf verkehrtes Verhalten.
Als Berufsverband wird uns auch dieses Jahr wieder in guter Erinnerung bleiben. Endlich ist es gelungen, die mittlere Beschäftigungsebene im kommenden Doppelhaushalt mit drei zusätzlichen Planstellen zu verstärken. Wenn das Bild des Bohrens dicker Bretter irgendwo passt, dann hier. Darüber hinaus begrüßen wir die Schaffung von 9 zusätzlichen Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung in der Stiftung Opferhilfe.
Es ist uns tatsächlich gelungen, das MJ davon zu überzeugen, dass die neuen Qualitätsstandards nicht einfach ohne nochmalige Beteiligung eingeführt werden können und ehrliche Partizipation erforderlich ist. Viele kritische Anmerkungen sind gemacht worden und über ein einfaches Redigieren des Entwurfs hinaus wird ein neuer Prozess nötig sein, um allseits akzeptierte praxistaugliche Standards zu entwickeln.
Dies ist auch deshalb erforderlich, weil hier und da vermeintlich Feststehendes nicht mehr in Frage gestellt wurde bzw. Kolleginnen und Kollegen sich nicht mehr beteiligt haben, weil ihnen Veränderungen nicht mehr möglich schienen. Auch hat es bis zum 30.11.16 nicht für alle Arbeitsbereiche im AJSD intensive Rückmeldungen gegeben. In diesem Zusammenhang fordern wir zum transparenten Umgang noch einmal die Veröffentlichung aller Stellungnahmen.
Als Maßnahme im Mitbestimmungsverfahren werden die neuen Qualitätsstandards vor ihrem Inkrafttreten mit der Personalvertretung des AJSD ausgelotet, so dass auch über das Beteiligungsverfahren mit dem PR die Möglichkeit besteht, nachhaltige Standards zu gestalten.
Was gab es noch in diesem Jahr? Die Workshops zur Mitarbeiterbefragung haben fast überall stattgefunden und die Themen werden uns weiter beschäftigen, zumal die Ergebnisse der Befragung auf dem Tisch liegen und nicht alles in einem Workshop geklärt werden konnte. Es bleibt die Frage „wie geht es weiter?“
Anfang September fand in Bückeburg wieder die zweitägige Tagung der AG Justiz mit Ministerin Niewisch-Lennartz und Staatssekretärin Otte statt. Dort und bei unserer Vorstandsklausur in Hamburg im August haben wir uns auch für die nächste Zeit wieder viel vorgenommen.
Abschließend bedanken wir uns ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen im VDS, die sich in den Diskussionen um die Standards, in Gremien oder an anderer Stelle für die Belange der Kollegenschaft eingesetzt haben.
Im Namen des VDS-Vorstandes wünsche ich Dir/Ihnen und Deiner/Ihrer Familie für das neue Jahr alles Gute, Gesundheit, Zufriedenheit und viel Spaß an der Arbeit.
Dein/Ihr
Dirk Blume
und Tanja Bauschke, Lena Bulla-Förstel, Sonja Clausen,
Nicole Hermes, Ute Sippel, Hartmut Weber, Jens Wilke